Waghäusel (ber). „Entsetzt und erschüttert“ zeigt sich der junge und aktive Integrationsverein Waghäusel über die jüngsten muslim- und judenfeindlichen Äußerungen von Thilo Sarrazin, Vorstandsmitglied der Bundesbank. „Wir alle können es nicht fassen, mit welchen Vorurteilen, Unterstellungen und Verallgemeinerungen ein zweifellos wichtiges Thema für Eigendarstellung missbraucht wird“, erklärt die Vorsitzende Ebru Baz. „Sarrazin hätte lieber einmal würdigen sollen, wie viele Menschen sich vor Ort ehrenamtlich und erfolgreich für Integration einsetzen.“
Seine Thesen stütze der 65-jährige Berliner Provokateur ausschließlich auf negative Beispiele. Damit zeichne er – durchaus gewollt – ein Zerrbild der Integration. Freiweg behaupte er, dass speziell muslimische Migranten erhebliche Integrationsprobleme hätten und dies mit ihrer Kultur zusammenhänge. Und in seinem Buch entwerfe der Ex-Finanzsenator das Szenario, dass die Gesellschaft in Deutschland innerhalb weniger Generationen maßgeblich von Muslimen bestimmt werde. Ebru Baz: „Alle Integrationsbemühungen werden schlecht geredet anstatt für Integration zu werben.“
„Was uns am meisten erschüttert, ist die Tatsache, dass Sarrazin kulturelle und soziale Unterschiede hauptsächlich auf genetische Dispositionen zurückführt“, bekennt die 31-jährige Waghäuseler Stadträtin: Er habe nicht verstanden oder wolle nicht verstehen, dass Integration ein wechselseitiger Prozess ist. Für ihn habe ein Mensch nur wirtschaftlichen Nutzen. Ebru Baz: Was soll man von einem intelligenten Menschen halten, der herablassend davon spricht, dass „ständig neue kleine Kopftuchmädchen produziert“ würden?
Doch der Integrationsverein lasse sich von solchen diskriminierenden Äußerungen nicht aus der Spur bringen und setze seine durchaus erfolgreiche Arbeit unvermindert fort. Ebru Baz: „Den Verein gibt es, weil sich viele Gleichgesinnte, Deutsche und ausländische Mitbürger, Frauen und Männer mit und ohne Migrationshintergrund, mit der Überzeugung zusammengeschlossen haben: Es muss mehr für Dialog, Integration, Zusammenarbeit und Freundschaft der Völker und Kulturen getan werden.“ Deshalb haben die hauptsächlich jungen Vertreter des Vereins schon etliche Schulen besucht und dort über das Thema Integration infor-miert. Im Mai gab es ein „Benefiz-Hoffest der Kulturen“, zu dem sich 800 Besucher einfanden.
„Das zeigt, dass die Bevölkerung uns in unseren Bemühungen voll unterstützt.“ Der Integrationsverein nahm kürzlich am Som-mer-Ferienprogramm teil und bot den Waghäuseler Kindern einen Besuch in der „Wilhelma“. Geplant ist, einen „Integ-rationspreis“ in Form von einer Urkunde mit Pokal oder Skulptur an Schulen, Vereine oder einzelne Personen zu vergeben, die sich auf vorbildliche Weise die Förderung der Integration angehen. Auch will der Verein einen großen Kennenlern-Neujahrsempfang organisieren.